Leselust - manchmal Wertefrust - Tisma " Kapo"

mit großer Erschütterung las ich jetzt den Roman von Aleksandar Tisma " Kapo"

http://www.hanser-literaturverlage.de/buecher/buch.html?isbn=978-3-446-19134-1

Inhaltsplot



Vilko Lamian, der verfolgte Jude, schlägt sich als Kapo auf die Seite der Unterdrücker. Nach dem Krieg wird er seine Ängste und Obsessionen nicht mehr los. Vor allem verfolgt ihn das Bild einer Frau, Helena Lifka, deren Notsituation im Lager er ausnutzte, um sie sich sexuell gefügig zu machen. Tisma zeigt uns die Innenansicht des Täters, der zum Mörder wurde, weil er überleben wollte. Der erschütterndste und eindringlichste von Tismas Holocaust-Romanen.



Lamian, der Kapo Furfa, überlebte Auschwitz für ein Leben, das ihm keines mehr wurde.
Er lebt in ständiger Angst, eines seiner Opfer könnte ihn erkennen, denn er misshandelte seine Leidensgenossen zwar, um zu überleben, ist sich als Intelektueller aber immer dessen bewusst, dass er durchaus seine ( dürftigen) Machtgefühle genoss.

Und - war er, den seine unorthodoxen Judeneltern christlich taufen ließen, trotzdem als Kind und Jugendlicher in seiner jüdischen Umgebung ein Außenseiter,blieb er im Rassenwahn der Nazis Jude. mit allen Folgen.

Er überlebte sogar das Krematoriumkommando in Auschwitz...

aber ... um welchen Preis! Er fühlt sich überall von Spionen umgeben und hat dabei doch mit zunehmendem Alter nur einen Wunsch: erkannt zu werden und über seine Situation zu reden..
Seine Selbstwahrnehmung als Außenseiter änderte sich auch in der " Freiheit" nicht.

Ich las mich so in diese spannende fiktionale Lebensbeichte ein, dass ich kaum ansprechbar war. Tisma ist - sogar in Übersetzung - ein Autor, der mich an meine frühe Leidenschaft für den Existenzialismus erinnert.


Hier eine kurze Leseprobe:


Er hätte einiges mit ihm zu bereden gehabt.Aber jedes Gespräch wäre schon bald nach dem Bericht über einige wenige Ereignisse in Klagen ausgeartet, in eine Aufzählung von Verlusten," meine Mama","meine Schwestern" , "mein Bruder" . Lamian fühlte es,er sah es diesem zerstörten Gesicht an, einem Gesicht ohne inneres Gruppenbild, ohne Angehörige, und er sah es in seiner Vorstellung jenem wüsten Zimmer an, aus dem der Neue hergekommen war und in das er ihn am Ende auch mitnehmen würde, um ihm alte Briefe zu zeigen, alte,bei der Rückkehr aus dem Lager zufällig in der einstigen Nachbarschaft gefundene Fotos, und Lamian müsste sie anschauen und sich Erklärungen anhören wie "Das war unser haus",Das sind wir Kinder im Garten", und er müsste seine Wut zügeln,deren Stachel er jetzt schon im Magen spürte..."



Lamian ist als Protagonist ein " Ekel" -- er weiß das, wir wissen das nach dem Lesen des Romans auch ..


aber, wir verstehen auch, warum er eines ist und das macht mitleidig .....
creature - 4. Nov, 21:11

ich kann über dieses thema, diese zeit nichts mehr lesen.
der mensch ist so elendig, er würde heute, wären die zeiten ähnlich, genauso handeln wie damals, und das macht mich fertig!

ich sah gestern im tv zufällig kurz etwas über haifischflossen, die hintergründe, die fangmethoden, die menschen die das konsumieren und die händler.
ich halte das nicht aus, ich werde wütend und wünsch mir die welt soll zur hölle fahren.
kein respekt, keine gefühle gegenüber der welt, der natur, dem leben.

Nante - 5. Nov, 09:17

ja,creature ...

dass es der Menschheit -- ich will nicht sagen jedem Menschen ---- immer noch nicht gelungen ist, seiner atavistischen Gelüste ( Rangordnungen mit Blut zu verteidigen, Fremdes zu hassen und zu fürchten, in der Horde mitlaufen, um nicht " endgelöst" im schlimmsten Falle und zum Außenseiter im mildesten gemacht zu werden ) --- das macht mich auch wütend und zornig....
solange, bis ich mich wieder einmal auf der "Ausweichspur" entdecke.


Dieser Roman berührte mich vor allem auch wegen der realistischen Psychologisierung. Dostojewski ließ seinen Raskolnikow büßen / sühnen ---- sich erlösen... Tisma tut das nicht ....
Ein wahrhaft entmutigendes Werk!


Um auf dein Haiszenario zurückzukommen: Fressen und gefressen werden ! Wobei die Haie inzwischen vor uns Menschen geschützt werden müssen ....
Scheiße!

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